Nacht-Depesche

Sie hatten ALLES versucht, sie aus dem Auto zu befreien

19-Jährige verbrennt in E-Auto

Sie hatten ALLES versucht, sie aus dem Auto zu befreien

Familienstreit in Werder (Havel) endet in einer Katastrophe. Bei einer Verfolgungsjagd kollidiert die Tochter (19) mit einem Baum und verbrennt vor den Augen ihres Vaters.
von <a href="https://nacht-depesche.de/Autoren/Ignaz_Nemtsov">Ignaz Nemtsov</a>

aktualisiert am 01. August 2021 | 16:37 Uhr

Die Polizei sperrte die Landstraße ab.

Nach einem mutmaßlicher Konflikt mit ihrem Vater, steigt eine 19-jährige Fahranfängerin in den Audi e-tron der Familie und rast davon.

Der Vater steigt mit einem weiteren Mann in ein zweites Fahrzeug und rast seiner Tochter (Eva) hinterher.

Nach rasender Fahrt durch die Orte Deetz und Schmergow kam es auf der Landstraße nach Phöben (Landkreis Potsdam-Mittelmark, Brandenburg) zur Katastrophe. Die Geschwindigkeit war offenbar so hoch, das die Tochter in einer Linkskurve von der Straße abkam und gegen einen Baum prallte.

Auf der Landstraße nach Phöben ereignete sich die Tragödie.

Augenzeugenberichte, nach denen seine Tochter in Folge eines Familienstreits von zu Hause flüchtete und daraufhin von ihrem Vater verfolgt worden sei, dementiert dieser. Wir können uns nicht erklären, warum sie losgefahren ist. Ich hatte keinen Streit mit meiner Tochter, stellt der Vater gegenüber BILD klar.

Nach dem Aufprall spielten sich laut Augenzeugen schreckliche Szenen ab. Der Oberklasse-SUV fing sofort Feuer. Der Vater und weitere Ersthelfer versuchten sofort, den Elektro-Audi zu öffnen und die junge Frau aus dem brennenden Wrack zu befreien. Mit aller Gewalt versuchten sie die Türen zu öffnen, bis sie lediglich die Griffe abgerissen hatten.

Alle Versuche die Fahrzeugscheiben mit bloßen Händen, einem Feuerlöscher und sogar mit einem Kuhfuß zu öffnen scheiterten. Die junge Frau blieb in dem brennenden Fahrzeug gefangen.

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Während das Fahrzeug schon lichterloh brannte, gelang es einem Handwerker mit seinem Spitzhammer ein Loch in die Beifahrerscheibe zu schlagen. Aber die heißen Flammen machten eine Rettung unmöglich. Es war zu spät. Das Familienauto wurde zur tödlichen Falle.

Ein Augenzeuge berichtete gegenüber BILD,
der Vater rief:

Es tut mir leid, Eva! Es tut mir leid!

Im Verlauf wurden Rauch und Flammen dichter. Es knallte inzwischen aus dem Fahrzeug. Die Helfer kannten sich dem Fahrzeug nicht mehr nähern und mussten untätig ansehen wie die eingeklemmte junge Frau in dem Fahrzeug verbrannte.

Auch die herbeigerufenen Rettungskräfte konnten nichts mehr für die junge Abiturientin tun. Gemeindewehrführer Kristian Titsch rückte mit ca. 30 Kameraden der Feuerwehr Groß Kreuz an. Sein Trupp brauchte Stunden um das außergewöhnlich heiß brennende Autowrack zu löschen.

Der Hergang des Unfalls wirft neue Fragen nach der Sicherheit von Elektrofahrzeugen auf. Der Aufprall verformte zwar die Front des Wagens, ließ die Fahrgastzelle aber weitergehend intakt. Das der Audi e-tron sofort nach dem Aufprall in Brand geriet, muss als Ursächlich für den tödlichen Ausgang dieses Unfalls angenommen werden.

Feuerwehrman Trisch forderte gegenüber dem rbb von der Autoindustrie „praktikable Hilfsmittel“ um Elektrofahrzeuge sicher zu löschen.

Gemeindewehrführer Kristian Titsch gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg:

Da sitzen Leute in brennenden Wagen und wir können nicht helfen, weil wir nicht ausgebildet worden sind, weil keine Unterrichtsmaterialien und Konzepte da sind.

Ohne wirksame Konzepte zur Brandbekämpfung droht die Elektro-Mobilität zur Todesfalle zu werden.

Verkehrssicherheits-Experte Rainer Rupp
gegen über Nacht-Depesche:

Grundsätzlich ist das Risiko für einen Brand nicht höher als bei einem Benziner, vorausgesetzt die Batterie bleibt intakt. Aus diesem Grund werden die Batteriepacks in den Unterböden der Elektrofahrzeuge vor Deformation geschützt. Auch im e-tron sind die Batterien als schwerer, flacher Block tief zwischen den Achsen verbaut.

Warum sich die Türen des e-tron nach dem Aufprall nicht öffnen ließen ist inzwischen Gegenstand einer werksinternen Untersuchung bei Audi.

Wenn sich die Türen eines verunglückten Wagens nicht mehr öffnen lassen, ist ein solider Nothammer oder Rettungshammer ein hilfreiches Werkzeug um schnell zum Unfallopfer vorzudringen.

Die Mitnahme eines Nothammers ist in Deutschland nicht vorgeschrieben. Um sich und andere zu retten, empfehlen Verkehrssicherheitsexperten seit Jahren einen hochwertigen Nothammer mit integriertem Gurtmesser mitzuführen.

Sicherheits-Experte Rainer Rupp hat auch hier einen Hinweis. Die Praxis hat gezeigt, dass normale Verkehrsteilnehmer unter Stress oft nicht in der Lage waren, mit handelsüblichen Nothämmern Autoscheiben zu brechen. Auch um Verletzungen der Hände oder Arme zu vermeiden bevorzugen Rettungsdienste in der Regel Federkörner. Hier spring ein durch eine Feder gespannter Bolzen aus einem Kurstoffgehäuse und die Scheibe bricht. Die Anwendung ist im Vergleich zu einem Standart-Nothammer deutlich einfacher und sicherer.

Vorsicht ist bei einigen chinesischen Fabrikaten geboten, im Ernstfall sind diese nicht in der Lage, die Seitenscheibe zu brechen. Mit einem geprüften Fabrikat – mit gehärteter Spitze – ist man hier auf der sicheren Seite. Insbesondere da man selten Gelegenheit hat, seinen Nothammer zu testen.

Bei der Verwendung eines Nothammers oder Federkörners sollte immer versucht werden, den unteren Rand der Seitenscheibe zu treffen. Am besten die untere Ecke, den Punkt wo die Scheibe am wenigsten federt. Hier bricht die Scheiben leichter als in der Mitte oder am oberen Rand.

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Heinz Olbrecht
1 Jahr zuvor

Dieser tragische Unfall zeigt, wie wichtig es ist, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Rettungshämmer oder Federkörner sollten zur Standardausrüstung gehören, um im Notfall Rettung zu ermöglichen. Autohersteller und Regierungen müssen hier handeln und ggf. für eine veränderte Vorschrift sorgen.

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