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Fünf Fahrzeuge aus der UdSSR, die der Volkspolizei dienten
Deutsch-sowjetische Automobilgeschichte

Fünf Fahrzeuge aus der UdSSR, die der Volkspolizei dienten

„Hüte Dich vor blonden Frauen und Autos, die die Russen bauen.“ Ein in der DDR beliebter Spruch, der angesichts der Erzeugnisse eigener Automobilproduktion auch heute noch snobistisch klingt. Ungeachtet dieser Warnung, importierte die DDR für ihre Polizeikräfte sowjetische KFZ in großer Stückzahl. Hier zeigen wir die beliebtesten.

von <a href="https://nacht-depesche.de/Autoren/Ignaz_Nemtsov">Ignaz Nemtsov</a>

aktualisiert am 31. August 2021 | 14:52 Uhr

Wolga M-21 mit Kühlerfigur. Dmicha, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Für die s. g. ‚bewaffneten Organe‘ wurden – neben den äußerst robusten Lastwagen der Hersteller KrAZ, MAZ, URAL und ZIL – auch PKW der Automobilwerke AwtoWAS, GAZ und OAO Moskwitsch importiert.

Hier zeigen wir Ihnen, die fünf beliebtesten Modelle.

Wolga M-21: Wenn es um die sowjetische Automobilindustrie geht, erinnern sich viele Menschen hauptsächlich an dieses Modell. Vermutlich war der GAZ-21 nicht nur der beliebteste Wolga, sondern eines der populärsten Fahrzeuge aus sowjetischer Produktion.

Als Luxusimportwagen war er in der DDR auch als Taxi und Funktionärskarosse beliebt. Die enormen Unterhaltskosten machten ihn als Privatwagen selten, allenfalls Prostituierte oder selbständige Handwerker konnten sich den Unterhalt leisten. Neben der VP nutzte auch die finnische Polizei (Poliisi) den GAZ-21 ‚Wolga‘ als Einsatzfahrzeug.

Wolga der Deutschen Volkspolizei
Wolga der Deutschen Volkspolizei 1968 vor den Ruinen der gerade gesprengten Garnisonskirche (1735 erbaut) in Potsdam.

Moskvich-408: Die Produktion des hauptsächlich für den Export produzierten 408 startetet 1964. In der DDR kann die gelungene Linienführung anfangs gut an. Der übermäßige Verbrauch (10,4 l /100 km) und die hohe Geräuschbelastung im Innenraum machten ihn bei Privatnutzern unpopulär.

Wolga M-24: Das Gorki-Automobilwerk in Nischni Nowgorod war stolz auf den GAZ-24 und betrachtete ihn sogar als das Flaggschiff ihrer Produktion. In der Sowjetunion lief das Modell zwischen 1966 und 1986 vom Band.

Das Auto wurde in einem völlig neuen Design präsentiert, das leicht an den amerikanischen Stil angelehnt war. Der imposante Kühlergrill hatte eine V-Form, eine leichte Neigung nach vorn und eine eigenwillige Zeichnung, das sogenannte „Fischbein“.

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 145 km pro Stunde war der GAZ-24 ‚Wolga‘ den meisten Fahrzeugen auf DDR-Straßen überlegen.

Wolga GAZ 24
Wolga M 24 auf einem Oldtimertreffen 2007 Foto: Thomas Doerfer CC BY-SA 3.0

Lada 1500: Er gilt als einer der stilvollste Vertreter von AvtoVAZ. Dieser Wagen zeichnete sich durch eine große Anzahl von Chromelementen aus. In speziellen Versionen, die für Feuerwehr und Polizei gebaut wurden, sah dieses Auto immer spektakulärer aus als die Privatwagen der DDR-Bürger.

Allerdings war die Wartung ungewöhnlich aufwendig. Die Bezeichnung ‚Rostlaube‘ trifft wohl am besten zu. Die eigenen KFZ-Werkstätten der Volkspolizei konnten das leisten, Privatpersonen waren damit in der Regel überfordert.

Volkspolizei und Westberliner Polizei an der Friedrichstraße.
Aufeinandertreffen von Volkspolizei und Westberliner Polizei an der Friedrichstraße.

Lada 1600: Dieser 6-Tonnen-Lkw wurde in der Sowjetunion von 1976 bis 2006 hergestellt. Der Schiguli (im Export Lada) ist damit das langlebigste Modell sowjetischer Automobilproduktion. Schon die ersten Versionen dieses Modells wurden in mehreren Ländern, darunter auch in die DDR, exportiert.

Überraschenderweise wurde das Auto hier schnell sehr begehrt. Er war der Nachfolger des Lada 1500, eines Fahrzeugs auf Basis des Fiat 124, und zeichnete sich durch sowjetische Einfachheit aus.

Die immer noch bestehende Ähnlichkeit zum Fiat 124 machten das Auto auch außerhalb behördlicher Nutzung zum Statussymbol.

In den Anfangsjahren der DDR setze die DDR Volkspolizei (VP) fast ausschließlich auf Fahrzeuge aus eigener Produktion, ab den 70er Jahren wurde die VP-Flotte durch PKW aus sowjetischer Produktion ergänzt.

Am auffälligsten waren damals die Fahrzeuge von AvtoVAZ aus Toljatti (Wolga) und dem Gorki-Automobilwerk aus Nischni Nowgorod (Lada).

Auch wenn die importierten sowjetischen Fabrikate leistungsstärker waren als der ebenfalls gern verwendetet Wartburg 353, gegen die hochmotorisierten Fahrzeuge der alliierten Militärmissionen hatte die Volkspolizei keine Chance. Opel Senator, Landrover oder Mercedes G Klasse fuhren der VP einfach davon.

Den Opel Admiral B verwendeten die Alliierten bei ihren Spionagefahrten ebenfalls gern, da er dem Wolga M24 optisch ähnelt.

Fast 32 Jahre nach dem Mauerfall sind Fahrzeuge sowjetischer Bauart aus dem Straßenbild fast vollständig verschwunden. Dass, obwohl die DDR diese Fahrzeuge in großer Stückzahlen importiert hat.

Alle damals gelieferten Fahrzeuge hätten inzwischen ein Anrecht auf das steuerbegünstigte H-Kennzeichen (Historienkennzeichen) mit einem pauschalen Steuersatz von 191,73 Euro für Oldtimer.

Mangelhafte Verarbeitung und die Verwendung minderwertiger Stahl- und Blechteile führten schon kurz nach Inbetriebnahme dieser Fahrzeuge zu erheblicher Korrosion. Weshalb sowjetische Fahrzeuge in der deutschen Oldtimer-Flotte kaum zu finden sind.

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