Nacht-Depesche

Online-Flugvertrieb im Zwielicht
UNISTER muss Geldstrafe zahlen

Online-Flugvertrieb im Zwielicht

Auch im August 2014 ist es auf den meisten Flugpreisvergleichs-Portalen nicht möglich, Flüge zum zuvor angezeigten Preis zu buchen. Nicht einmal die Androhung hoher Ordnungsstrafen scheint gegen diese Rechtsverstöße zu helfen.

Kabine

Vier Jahre ist es her, seit dass Landgericht Leipzig (AZ5 O2485-09) die Abläufe gegen das Unister-Portal Fluege.de klar regelte: Flugpreise müssen inkl. aller Kosten angezeigt werden.

So sagt es auch die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments. Und damit ist klar, eine den meisten Verbrauchern unbekannte  fluege.de- MasterCard-GOLD reicht nicht als einzigmögliche kostenfreie Zahlungsoption. Da zusätzlichen Zahlungsgebühren fällig werden, gehören diese eben auch in den angezeigten Endpreis.

Die UNISTER Holding muss nun 5.000 Euro Strafe zahlen, weil das von ihr betriebene Portal fluege.de noch immer nicht – übrigens bis zu heutigen Tag – an diese vorgeschriebene Praxis hält.

Und das „Barfußgässchen“ (Sitz von fluege.de)  ist nicht allein. Ein Test vom heutigen Tag ergab: Bei Opodo und ihrer Schwester Edreams führt allein die Nutzung der den Meisten unbekannte Prepaid-Karte Entropay zur aufschlagfreien Flugbuchung, bei Bravofly die Prepaid- und Debit-Karten von Mastercard.

Andernfalls werden teils deutliche Zuschläge fällig, und zwar erst, nachdem der Kunde seine sensiblen persönlichen Daten in die Buchungsmaske eingegeben hat.

Blick aus dem Flugzeug.
Flugportale in der Kritik.

Die Liste der schwarzen Schafe ließe sich deutlich verlängern. In fvw,de 2/14 (ab S. 30) haben wir die führenden Flugportale auf versteckte Aufschläge überprüft, mit besorgniserregenden Ergebnissen.

Passiert ist seit Februar offenbar nur wenig, trotz klarer Rechtslage, konstruktiven Signalen aus der Branche und nun erstmalig verkündeter Ordnungsgelder gegen Unister. Die vom Landgericht verhängten 5.000 Euro dürften die Leipziger gut verschmerzen.
Vermutlich dauert es weniger als einen Tag, um die Geldbuße durch die Einnahmen aus den nach wie vor fälligen Kreditkarten-Fees zu kompensieren.

So gesehen ist die Ankündigung des Verbands Internet Reisevertrieb (VIR) ein cleverer Ansatz. Der hatte im März bekanntgegeben, bei Bedarf künftig selbst Abmahnungen gegen die eigene Zunft auszusprechen.

Cleveres Detail dabei: Als Betroffener darf der VIR nachträglich auch Gewinnabschöpfungsklagen einreichen. Für die schwarzen Schafe bleibt es also nicht bei einem moderaten Ordnungsgeld. Es geht dann um die gesamte Marge aus dieser zweifelhaften Geschäftspraxis.

Doch die Methode hat auch Nachteile: Die Erhebung nachträglicher Entgelte ist für viele Portale als offenbar quasi einziges verbliebenes Mittel zur Steigerung der Rentabilität in Mode gekommen, seit die Airlines auf ihren eigenen Portalen auf die Erhebung von Service-Entgelten verzichten.

Und das trotz klarer Gesetze. Und genau diese Wild-West-Manier ist das eigentliche Dilemma. Immerhin: Führende Online-Touristiker gehen inzwischen davon aus, dass der Markt das Problem alleine regeln wird. Denn Verbraucher achten inzwischen zunehmend darauf, dass sie nicht nachträglich mit Aufschlägen belastet werden.

Aber wann wird sich dieser Effekt bemerk machbar machen? Und mit welchen Konsequenzen?

Es gibt durchaus eine Reihe von Flugportalen, die für sich in Anspruch nehmen, die Endpreise im Sinne des Kunden und des Wettbewerbsrecht stets korrekt darzustellen (siehe fvw.de 2/14).

Neben renommierten Anbietern sind das häufig auch Neueinsteiger aus dem Ausland, die mit prall gefüllten Marketingbudgets um Marktanteile in Deutschland kämpfen.

Braucht es zwingend Gewinnabschöpfungsklagen aus den eigenen Reihen oder gar die massive Abwanderung von Kunden, bis diese Praxis die Regel wird?

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