Geheime Geldströme, ein kalter Machtkampf und eine verschwiegene Einflussoperation der ostdeutschen Staatssicherheit. Der große britische Bergarbeiterstreik der 80er Jahre war mehr als nur ein Arbeitskampf – er wurde zum Schauplatz eines ideologischen Schattenkriegs. Wie tief die DDR tatsächlich involviert war, blieb jahrelang im Dunkeln.
Großbritannien Ende der 70er – eine taumelnde Industrienation am Rande des Bankrotts. Jahrzehntelang hatte sich das Land auf seine einstige Weltmachtstellung verlassen, doch die Realität sah anders aus: marode Fabriken, ineffiziente Staatsbetriebe, eine Wirtschaft in Dauerkrise. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf war auf unter 8.000 US-Dollar gefallen (1979: 7.805 USD), während die DDR mit rund 10.000 US-Dollar pro Kopf wirtschaftlich vorbeigezogen war. Eine einstige Weltmacht, wirtschaftlich überholt von der kleinen DDR.
Die Industrie war veraltet, die Produktivität dümpelte auf dem Niveau Italiens, während Westdeutschland und Japan davonzogen. Die Ursache? Ein radikaler wirtschaftspolitischer Kurs, der nach dem Zweiten Weltkrieg eingeschlagen wurde. Unter der Labour-Regierung von Clement Attlee wurde ein sozialistisches Modell aufgebaut. Schlüsselindustrien wie Kohle, Stahl, Eisenbahn und Energie wurden verstaatlicht, Gewerkschaften bekamen massiven Einfluss. Doch anstatt zu florieren, erstickten Bürokratie, Subventionen und Streikwellen die britische Wirtschaft.
Nach Attlee übernahmen die Konservativen unter Churchill, Eden, Macmillan und Home, doch an der sozialistischen Wirtschaftsstruktur änderten sie kaum etwas. Statt das Land aus der Planwirtschaft zu holen, verwalteten sie den Niedergang. Der Konsens zwischen Labour und Tories lautete: Der Staat lenkt die Wirtschaft. Daran hielten beide Seiten fest – auch als die Krise eskalierte.
Das änderte sich auch unter Edward Heath nicht. Er versuchte zunächst, die Gewerkschaften zu zähmen, doch nach nur drei Jahren im Amt gab er auf und fügte sich dem Druck. Die Konservativen knickten praktisch immer ein, statt den Kurs zu korrigieren.
Das Muster von damals wiederholt sich heute. Wie die britischen Konservativen in den 70ern nicht die Kraft hatten, sich dem wirtschaftspolitischen Wahnsinn von Labour entgegenzustellen, gelingt es ihnen heute nicht, den sozialistischen Umbau zu stoppen.
Während Labour Meinungskontrolle und Zensur eingeführt hat und die Durchsetzung immer neuer sogenannter Hassrede-Regulierungen vorantreibt, haben sich konservative Regierungen dem nicht entgegengestellt. Auch unter ihrer Führung blieben Meinungsfreiheitseinschränkungen bestehen.
Wer Abtreibungen kritisiert, sich gegen die Gender- oder Trans-Ideologie ausspricht oder die Masseneinwanderung hinterfragt, kann in Großbritannien heute strafrechtlich verfolgt werden.
Die Polizei geht radikal gegen unbequeme Meinungen und Regierungskritik vor. Auch von der Tory Party getragene Regierungen haben, entgegen der Erwartung ihrer Wähler, diesen Kurs mitgetragen oder weiter verschärft.
Als 1974 Labour mit Harold Wilson zurückkehrte, ging es direkt weiter mit mehr Staatseingriffen, mehr Umverteilung und mehr Gewerkschaftsmacht. Dass die Wirtschaft immer weiter abrutschte, nahm Labor billigend in Kauf.
Wilson setzte konsequent auf mehr Staat, mehr Umverteilung, mehr Gewerkschaftsmacht. Anstatt die ineffizienten Staatsbetriebe zu reformieren, pumpte er noch mehr Steuergeld hinein. Unternehmen wurden erdrückt, Investitionen blieben aus. Das Wachstum stagnierte, die Inflation explodierte.
1967 folgte die Abwertung des Pfunds, weil die Wirtschaft nicht mehr konkurrenzfähig war. Wilsons Antwort? Noch höhere Steuern, noch mehr Staatseingriffe. Als er 1974 erneut Premierminister wurde, setzte er voll auf die Karte der Gewerkschaften. Lohnerhöhungen wurden per Gesetz garantiert, Unternehmen zahlten Rekordsteuern, öffentliche Ausgaben schossen durch die Decke.
1976 übernahm James Callaghan, doch anstatt den Kurs zu ändern, machte er genau da weiter, wo Wilson aufgehört hatte. Sein Credo: Der Staat ist der Motor der Wirtschaft. Doch die Realität sah anders aus: Großbritannien stand am finanziellen Abgrund.
Callaghan musste sich als erster westlicher Regierungschef in der Geschichte an den Internationalen Währungsfonds wenden und um Kredite betteln. Der einstige Weltmachtstaat war de facto pleite. Als Gegenleistung für die Milliardenhilfe verlangte der IWF radikale Kürzungen. Callaghan stimmte widerwillig zu, doch die Gewerkschaften rebellierten.
1978 folgte der Winter of Discontent – ein endloser Streikmarathon, der das Land lahmlegte. Müllberge stapelten sich auf den Straßen, Krankenhäuser konnten Patienten nicht mehr versorgen, Särge blieben unbestattet, weil sogar die Totengräber streikten. Großbritannien war wirtschaftlich und politisch am Boden. In diesem Trümmerfeld übernahm Margaret Thatcher 1979 die Macht – und trat das härteste Reformprogramm der britischen Geschichte los.
Als Margaret Thatcher 1975 die Führung der Konservativen übernahm, war die Partei tief gespalten. Der wirtschaftspolitische Kurs von Edward Heath war gescheitert, doch viele in der Partei hielten an der alten Konsenspolitik fest. Thatcher ließ keinen Zweifel daran, dass sie diesen Kurs nicht fortsetzen würde. Sie wollte den Staat zurückdrängen, die Macht der Gewerkschaften brechen und Großbritannien wirtschaftlich neu aufstellen.
1979 dann die Wahl. Die Labour-Regierung unter James Callaghan war angeschlagen, das Land in der Krise. Thatcher trat mit einem klaren Programm an: freie Märkte, niedrige Steuern, privates Unternehmertum statt staatlicher Lenkung. Der berühmte Wahlkampfslogan brachte es auf den Punkt: „Labour Isn’t Working.“
Der Sieg war deutlich, doch die Probleme gewaltig. Die Inflation war hoch, die Staatsverschuldung enorm, ganze Industrien hingen am Tropf der Regierung. Jeder Eingriff drohte massive Proteste auszulösen. Doch Thatcher wusste: Der freie Markt funktioniert immer – aber braucht Zeit. Die Frage war nicht, ob ihre Reformen greifen würden, sondern ob die Wähler bereit waren, die schmerzhafte Übergangsphase zu ertragen.
Wenn sie nicht schnell genug Ergebnisse lieferte, konnte sie gestürzt werden, bevor die Wirtschaft sich erholte. Doch sie setzte alles auf eine Karte. Ein Zurück gab es für sie nicht. Die Zeit der Kompromisse war vorbei.
1984 kam es zur entscheidenden Konfrontation zwischen der Regierung und den Gewerkschaften. Die National Union of Mineworkers (NUM) unter Arthur Scargill rief zum Streik auf, nachdem die Regierung angekündigt hatte, unrentable Zechen zu schließen.
Doch dieser Arbeitskampf war mehr als ein Protest gegen Arbeitsplatzverluste – es war ein Machtkampf um die Kontrolle der britischen Wirtschaft. Scargill wollte eine Wiederholung der 70er-Jahre erzwingen, als ein Bergarbeiterstreik Edward Heath aus dem Amt gefegt hatte. Doch Thatcher war nicht Heath.
Die Regierung hatte sich vorbereitet. Kohlevorräte waren angelegt, alternative Energiequellen gesichert, die Polizei auf harte Auseinandersetzungen eingestellt. Der Streik begann im März 1984 und zog sich über ein Jahr. Die Bergarbeiter kämpften gegen die Regierung, die Polizei und letztlich gegen die Realität: Ohne staatliche Subventionen waren viele Zechen nicht überlebensfähig.
Doch diesmal kippte die öffentliche Meinung nicht zugunsten der Streikenden. Viele Briten sahen die Gewerkschaften nicht mehr als Verteidiger der Arbeitnehmerrechte, sondern als Gegner der wirtschaftlichen Erholung. Während einige Regionen den Kampf unterstützten, blieben andere Bergbaureviere – vor allem in Nottinghamshire – bei der Arbeit. Die Spaltung innerhalb der Gewerkschaft schwächte die Bewegung zusätzlich.
Im März 1985 brach der Streik zusammen. Die Bergarbeiter kehrten geschlagen zur Arbeit zurück, die NUM war politisch und finanziell am Ende. Thatcher hatte den wichtigsten Machtblock der britischen Arbeiterbewegung gebrochen.
Der Streik der britischen Bergarbeiter war längst nicht nur ein Arbeitskampf – er wurde Teil des Kalten Krieges. Während die National Union of Mineworkers (NUM) unter Arthur Scargill gegen die Regierung kämpfte, erhielt sie finanzielle Unterstützung aus einer Richtung, die offiziell kein Interesse an britischen Gewerkschaftskämpfen hatte: der DDR.
Für die SED-Führung unter Erich Honecker war der Streik eine Gelegenheit, die britische Regierung zu schwächen und die innenpolitische Lage im Westen zu destabilisieren. Ein geschwächtes Großbritannien bedeutete ein geschwächtes NATO-Bündnis. Ein langer, harter Streik sollte die Wirtschaft belasten, soziale Unruhen schüren und möglicherweise Thatchers Regierung ins Wanken bringen.
Der politische Konflikt zwischen Großbritannien und der DDR spielte sich nicht nur auf britischem Boden ab. In Südafrika unterstützte die DDR den kommunistisch dominierten African National Congress (ANC), während Großbritannien enge Beziehungen zur südafrikanischen Regierung unterhielt. Die DDR bildete ANC-Kämpfer aus und lieferte Waffen, während Thatcher Sanktionen gegen Südafrika ablehnte.
Auch in der NATO-Strategie standen sich beide Seiten unversöhnlich gegenüber: Großbritannien war einer der treibenden Kräfte bei der Stationierung neuer US-Raketen in Westeuropa, was die DDR als Bedrohung betrachtete.
Die Geldtransfers liefen über die World Federation of Trade Unions (WFTU) mit damaligem Sitz in Prag. Der Dachverband stand ideologisch und finanziell unter starkem Einfluss des Ostblocks und diente immer wieder als Kanal für verdeckte Finanzströme.
Historiker schätzen, dass mindestens eine Million Pfund nach Großbritannien floss – anonym, in bar, ohne offizielle Spuren. Das Geld wurde direkt an die Gewerkschaftsführung übergeben, in einem Fall sogar in Plastiktüten. Die Treffen fanden unter strikter Geheimhaltung statt.
Der Geldfluss aus der DDR nach Großbritannien war keine spontane Solidaritätsaktion – er war ein geheimer, genehmigter Einsatz der Stasi, mit Wissen des KGB. Solche Maßnahmen liefen nicht ohne grünes Licht aus Moskau. Die Stasi koordinierte nicht nur die Geldtransfers, sondern sammelte auch Informationen über den Streikverlauf, um die maximale Wirkung für den Ostblock herauszuholen.
Die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) unter Markus Wolf war für verdeckte Operationen im westlichen Ausland zuständig. Stasi-Agenten waren in Großbritannien aktiv und operierten im Umfeld linker akademischer Gruppen und Gewerkschaften. Stasi-Akten zeigen, dass Ost-Berlin den Streik intensiv beobachtete und Einschätzungen an Moskau weiterleitete. Informanten aus diesen Kreisen lieferten regelmäßig Berichte an die DDR-Geheimdienste.
Für die Stasi war der Streik mehr als ein Arbeitskampf – er war ein strategisches Werkzeug im Kalten Krieg. Jedes zusätzliche Chaos in Großbritannien war ein Gewinn für die sozialistischen Geheimdienste. Jede Woche, die der Streik länger dauerte, war ein Erfolg für Ost-Berlin und Moskau.
Am 18. Juni 1984 eskalierte der Bergarbeiterstreik in eine der heftigsten Straßenschlachten der britischen Nachkriegsgeschichte. In Orgreave, einem Kokswerk in South Yorkshire, versuchten Tausende Streikende, die Anlieferung von Kohle zu blockieren – denn ohne Nachschub wäre die Energieversorgung ins Wanken geraten. Doch die Regierung wusste: Solange Kohle transportiert und verarbeitet wurde, blieb der Streik wirkungslos.
Um die Blockade zu brechen, setzte die Polizei 6.000 Beamte ein, schwer ausgerüstet mit Schlagstöcken, Schilden und berittenen Einheiten. Hubschrauber kreisten, Tränengasgranaten wurden gezündet. Orgreave wurde zum Wendepunkt – hier entschied sich, dass die Regierung die Auseinandersetzung für sich entscheiden würde.
Historisch gesehen waren Bergarbeiter oft entscheidende Kräfte in politischen Umbrüchen. In der Sowjetunion gehörten sie zu den ersten Gruppen, die in den späten 1980er Jahren offen gegen das Regime rebellierten. In Rumänien spielten sie Anfang der 1990er Jahre eine Schlüsselrolle beim politischen Machtkampf nach dem Sturz Ceaușescus. Ihre besondere Kampfkraft kam nicht nur aus ihrem Organisationsgrad, sondern auch aus ihrer körperlichen Härte.
Doch in Großbritannien war es anders. Nach Orgreave kippte der Streik. Die NUM konnte weder die öffentliche Meinung auf ihre Seite ziehen, noch die wirtschaftlichen Realitäten ändern.
Es folgten Massenverhaftungen – 95 Streikende wurden festgenommen und wegen Aufruhrs angeklagt. Doch in den folgenden Prozessen brach die Beweislage in sich zusammen: Alle Angeklagten wurden freigesprochen, weil sich herausstellte, dass Beweise manipuliert und Aussagen abgesprochen waren.
Bis heute wird über Orgreave gestritten. Die Linke sieht darin ein Beispiel für staatliche Repression, die Rechte betrachtet es als notwendige Machtdemonstration in einem eskalierenden Konflikt. Doch eines ist unbestreitbar: Nach Orgreave war die Macht der Bergarbeiter gebrochen – und damit ihr jahrzehntelanges Selbstverständnis als unbesiegbare Verteidiger des Umverteilungsstaats.
Die britischen Geheimdienste wussten offenbar früh, dass der Streik nicht nur von Gewerkschaftsgeldern finanziert wurde. MI5 und der Special Branch der Polizei überwachten die NUM-Führung intensiv. Spätestens 1984 lagen Berichte vor, dass Geld aus dem Ostblock in den Streik floss – doch die Regierung hielt sich auffällig zurück.
Warum? Mehrere Theorien stehen im Raum. Eine Möglichkeit ist, dass Thatcher keine diplomatische Krise mit dem Ostblock riskieren wollte. Die Beziehungen zu Moskau waren angespannt, aber direkte Konfrontationen sollten vermieden werden. Eine offene Anschuldigung gegen die DDR hätte Gegenreaktionen ausgelöst und womöglich Geheimdienstquellen gefährdet.
Eine andere Erklärung: Die Regierung wusste, dass der Streik ohnehin scheitern würde. Der Geldfluss aus Ost-Berlin hielt die NUM zwar länger im Spiel, aber er konnte die wirtschaftliche Realität nicht ändern. Solange die Polizei den Arbeitskampf unter Kontrolle hielt, brauchte Thatcher den Gegner nicht als „ausländische Marionette“ zu entlarven – zumal ein solcher Vorwurf riskant gewesen wäre. Ein zu früher Triumph hätte die Gewerkschaften womöglich noch enger zusammengeschweißt.
Erst Jahre später, nach dem Ende der DDR, wurde das Ausmaß der ostdeutschen Finanzierung offiziell bekannt. Die Thatcher-Regierung hatte die Karten in der Hand – sie entschied sich, sie nicht auszuspielen.
Der Bergarbeiterstreik war nicht nur ein innenpolitischer Konflikt – er wurde auch zur Frontlinie im Kalten Krieg. MI5 stufte die NUM als potenzielles Sicherheitsrisiko ein und ließ führende Gewerkschafter überwachen. Arthur Scargill und andere Funktionäre standen unter Verdacht, direkte Verbindungen zu kommunistischen Staaten zu haben. Die britischen Behörden verfolgten genau, wie sich die Gewerkschaftsbewegung entwickelte – denn es war offensichtlich, dass der Ostblock mehr tat, als nur Geld zu liefern.
Die Stasi hatte nicht nur enge Kontakte in westeuropäischen Gewerkschaften, sondern unterhielt auch eigene Agenten in Großbritannien. Diese lieferten Berichte über die innenpolitische Lage und beobachteten die Reaktion der britischen Regierung auf den Streik. In Stasi-Akten finden sich Hinweise auf operative Maßnahmen in Großbritannien – die DDR war nicht nur Beobachter, sondern Akteur.
Für Margaret Thatcher war der Streik mehr als ein Arbeitskampf – sie betrachtete ihn als Angriff auf die Stabilität Großbritanniens. Interne Regierungsprotokolle zeigen, dass sie die NUM als „innere Bedrohung“ einstufte, die vom Ostblock instrumentalisiert wurde. Die britische Regierung war fest entschlossen, den Einfluss sozialistischer Staaten zurückzudrängen – und ließ keinen Zweifel daran, dass sie den Streik als gezielten Angriff auf die westliche Ordnung betrachtete.
Als nach dem Mauerfall erste Berichte über DDR-Geld im Streik auftauchten, reagierten die NUM-Funktionäre empört. „Schmutzige Propaganda der Thatcher-Regierung“, wetterte Arthur Scargill. Die NUM tat die Vorwürfe als Verschwörung ab, als Versuch, die Arbeiterbewegung im Nachhinein zu diskreditieren. Doch die Dokumente in den Stasi-Archiven sagten etwas anderes.
Nach 1989 wurden die Stasi-Akten nach und nach zugänglich. Historiker und Journalisten durchforsteten tausende Seiten interner Berichte und fanden eindeutige Belege für Zahlungen an britische Gewerkschafter – inklusive Decknamen, Beträgen und Korrespondenz zwischen Ost-Berlin und Prag.
Scargill und andere NUM-Funktionäre tauchten in den Listen auf. Doch anstatt die Vorwürfe aufzuklären, begannen sie, sich in Widersprüche zu verstricken. Als britische Journalisten 1993 gezielt nachhaken, geraten NUM-Insider unter Druck. Plötzlich räumen einige ein, dass es Spenden „aus dem Ausland“ gegeben haben könnte – aber nichts Illegales.
Doch dann kommt heraus: Scargill selbst hatte 5.000 Pfund aus diesen Geldern für seine eigene Hypothek verwendet. Und weitere NUM-Funktionäre sollen ebenfalls Geld abgezweigt haben, während die streikenden Arbeiter in Existenznot gerieten.
Der Skandal war perfekt. Die Männer, die den Streik angeführt hatten, waren nicht nur gescheitert – sie hatten ihre eigenen Leute jahrelang belogen. Bis heute gibt es kein vollständiges Eingeständnis. Doch die Akten in Ost-Berlin sind eindeutig: Die NUM-Führung nahm das Geld – und log über Jahrzehnte, um es zu vertuschen.
Am Ende des Streiks stand nicht nur die Niederlage der Bergarbeiter, sondern das Ende eines ganzen politischen Systems. Die britischen Gewerkschaften hatten jahrzehntelang bewiesen, dass sie Premierminister stürzen konnten – 1984 versuchten sie es noch einmal. Doch diesmal war die Regierung vorbereitet.
Die Kritiker, die den Streik als marxistische Destabilisierungskampagne betrachteten, hatten recht. Der Geldfluss aus Ost-Berlin war real, die Einmischung des Ostblocks war kein Mythos. Doch der Versuch, Thatcher zu Fall zu bringen, scheiterte. Die NUM erlitt nicht nur eine Niederlage – sie wurde zerschmettert. Nach Orgreave war sie politisch tot, die Gewerkschaftsmacht in Großbritannien dauerhaft gebrochen.
Die Bergarbeiter kämpften gegen die Regierung, doch ihr größter Feind war die Realität. Ohne Subventionen waren viele Zechen nicht überlebensfähig. Und während Arthur Scargill von Revolution träumte, marschierte Thatcher weiter – und ließ eine der letzten Bastionen des linken Umverteilungsstaats in sich zusammenfallen.
In diesem Artikel
Die Darstellung der DDR als Strippenzieherin hinter dem britischen Bergarbeiterstreik ist übertrieben. Dass die DDR Geld bereitstellte, ist belegt – aber das heißt noch lange nicht, dass sie den Streik „lenkte“. Vielmehr nutzte sie eine Gelegenheit, um Unruhe im Westen zu fördern – genau wie es die USA heute noch machen. Der Artikel bleibt eine schlagzeilengetriebene Vereinfachung ohne echten historischen Kontext.